Schöne Aussichten
Beitrag für das Programmheft des Literaturfests Salzburg, Mai 2017
Zu Beginn tritt auf der aktuelle Auftrumpfer, ein blondes Tier liegt auf seinem Kopf. Ist er echt? Er ist echt! Echt jetzt? Er poltert: Wir müssen wieder mehr auf uns selbst schauen. Immer haben wir auf die anderen geschaut. So bad. Bis niemand mehr zu uns aufgeschaut hat. So sad. Und jetzt müssen wir schauen, dass wir nicht verloren gehen. Panic! Wenn ich nicht genau wüsste, was wir verloren haben, ich würde es nicht einfordern. Die Power. Das Geld. Natürlich war ich immer nur aufs Geld aus. Was sonst? Everybody is doing it. Will doch jeder. Mehr. Und mehr noch als auf uns müssen wir auf unser Geld schauen. Auf sich selbst schauen doch sowieso ständig alle. Aber wenn sie kein Geld haben, was hilft ihnen all das Auf-sich-selbst-schauen? Nichts. Was wäre ich ohne mein Geld? Genau. Fake.
Die Zwischenruferin ruft dazwischen: Kooperation als Win-win-Situation, die allen Vorteile bringt, Großzügigkeit? Wird abgelöst von einer Welt des kleinlichen Rechnens, in der gedacht wird: Was der eine gewinnt, muss der andere verlieren. Falsch.
Inmitten der angerichteten Soße, eingehüllt in den ihr eigenen Glam, spricht die Prinzessin auf des Messers Schneide: Ich glaube ihnen allen nicht! Zum Beispiel denjenigen, die für sich beanspruchen, ihre Inhalte seriös überprüft zu haben, die von sich behaupten, ehrlich und wahrhaftig und liberal zu sein und damit die Demokratie und die Qualität hochzuhalten. Sie beziehen sich in ihrer selbstbezogenen, aufgeklärten Haltung primär nur auf ihre eigene Welt und lassen den Rest, der allerdings auf derselben Welt lebt wie sie, blöd sterben. Blöd.
Und schon gar nicht glaube ich denjenigen, die die Meldungen der liberalen Medien als Fake News bezeichnen und sich in einer Blase aus Alternative Facts aufhalten, die sich als Opfer des Establishments ausgeben, die das Leben als Kampf verstehen und den Verlust von Menschenleben als geschäftlichen Abschreibposten, die die Nation bevorzugen und nicht die Mischung, die nicht das durchlässige Durcheinander schätzen sondern das Eindeutige und die Gewalt. Dumm.
Danach tritt auf: Der Prophet des Untergangs, Master of Desaster, und sagt, nachdem er gesagt hat, dass er es uns ja immer schon gesagt habe: Füllt eure Keller mit Reis und Kartoffeln für die schlechten Zeiten, versteckt euer Geld und euren Krempel, schützt euch vor den herabfallenden Tropfen, sie sind vergiftet, das Ende ist nah, ist es nicht wunderbar, bald ist es da, ihr werdet schon noch sehen. Die Propheten des Untergangs fanden immer schon eine große und neugierige Zuhörerschaft, ohne sie wäre es so langweilig geworden. So boring.
Schlusswort der aufgeschlossenen Intendantin: Die Zukunft steht vor uns, strahlend und schön. Fantastic. Alle werden dort einsortiert, wo sie hingehören. Die Zäune und Mauern werden repariert und dekoriert. Und wenn sich alle wieder etwas mehr um sich selbst kümmern, das Eigene wieder etwas mehr liebhaben, welch schöne Welt wird das sein, die Welt der Zukunft. Entertainment is guaranteed! All true!